Nach einer guten Nacht, bin ich früh wach. Der Koreaner im Bett über mir, ist natürlich der erste im ganzen Laden… wie gut, dass sein Rucksack direkt an meinem Kopfende steht, so kann ich auf jeden Fall nicht den frühen Absprung verpassen.
Um 6:30 Uhr stehe ich vor meiner Herberge auf dem Weg, zum zweistellig werden. Einen Orangensaft und einen Kaffee weiter bin ich auf dem Weg. Es ist diesig, nicht zu kalt und es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit. Bad Hair Day inklusive.
Eine gute Stunde westlich von Sarria liegt Barbadelo. Anfang des 11. Jahrhunderts war Barbadelo ein Doppelkloster, das von Samos abhängig war. Später wurde es zu einem zivilen Ort mit einer normalen Pfarrgemeinde.
Die Pilgerautobahn ist zu spüren: so viele Menschen habe ich auf meinem Weg seit mehr als zwei Wochen nicht mehr gehabt. In Sarria treffen die anderen Caminos auf den Francés. Dazu kommen die in Sarria neu eingestiegen Pilger, die die letzten 100 km gehen. Tatsächlich erkennt man diese von Weitem: rein optisch an sauberer Kleidung, tipp topp sauberen Schuhen, gut sitzender Frisur, perfekt geschminkt und gut riechen sie auch - nach Parfum, Körperlotion und frisch gewaschener Wäsche; seit Wochen habe ich kein Parfum oder After shave mehr gerochen… das ist wieder neu.
Sie haben einen anderen Schritt als die, die schon 700 km hinter sich haben, mit Blasen, getapten Gelenken und Muskeln, die Haut durch Sonne und Kleidungsvariationen in verschiedenen Nuancen von Brauntönen. Fast müsste man sich ein wenig schämen für die schmutzigen, staubigen Schuhe, den dreckigen Rucksack und den wochenlang anhaltenden Bad Hair Day.
Die Neustarter gehen athletisch den Camino entlang und haben noch nicht diesen meditativen Gang, der sie unterscheidet.
Scheinbar bin ich schon fast ein alter Hase und kein Greenhorn mehr.
Eine Joggerin rast mit ihrem Trinkblasenrucksack, an der eine Jakobsmuschel pendelt, an mir vorbei :O .
Auf dem Weg wenig vertraute Gesichter, alle anderen sind neu.
Ich merke, dass ich keine Lust habe, mit den Neustartern in Kontakt zu kommen. Sie sind laut, stehen vor den tollsten Fotomotiven, machen Selfies und Gruppenfotos für zu Hause, drängeln sich vor und entschuldigen dies damit, dass sie Italiener seien…
ab hier der schöne Camino, unruhig und laut, wobei er ab hier wieder so richtig wunderschön ist. Ich merke, wie schwer es mir fällt, offen und freundlich zu ihnen zu sein. Mit Musik auf den Ohren schotte ich mich ab.
Der nächste Ort auf dem Jakobsweg ist Mercado de Serra, dessen sich aus Markt (Mercado) und dem ortsbestimmenden Zusatz am / vom Gebirge (de Serra) zusammensetzt.
Weiter geht es nach Ferreiros. Der Ortsname verweist auf einst hier befindliche Schmieden hin. Ein Besuch der Kirche Santa María de Ferreiros lohnt sich. Die kleine romanische Kirche wurde 1790 abgetragen und am heutigen Standort, dem Friedhof, wieder aufgebaut.
Noch 2km bis zum Kilometerstein 100, der die Mindestlaufstrecke für Fußpilger markiert. Da taucht Lizelle aus Südafrika auf. Sie ist mir die vergangenen vier Wochen schon oft über den Weg gelaufen und war in einigen Herbergen, in denen ich auch geschlafen habe. Es geht ihr wie mir. Sie ist bis hier auch mit Musik auf den Ohren gegangen, um alles um sie herum auszublenden. Endlich ein bekanntes, „altes“ Gesicht :)
Wir gehen zusammen bis nach Portomarin. Haben sogar ein Bett in der gleichen Herberge. Ab hier wird’s wieder eng mit Betten.
Portomarín ist ein Ort der aufgrund seiner Brücke über den Miño schon immer als ein bedeutsamer Piglerort galt. Erstmals wurde er im achten Jahrhundert erwähnt, hat aber auch zahlreiche archäologische Zeugnisse vorzuweisen, die auf eine alte Existenz hinweisen.
Beim Bau des Belesar-Stausees (1956) wurden einige Bauwerke umgesetzt, so die Kirche San Nicolas, ein alter Brückenbogen, der Palast des Grafen Maza und der Pimentales auch genannt Berbeteros, sowie das Portal der Kapelle San Pedro. Heute befinden sich diese am Hang statt im Ortskern. Das alte Portomarin wird heute nur noch bei Niedrigwasser sichtbar.




























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