Freitag, 26. Mai 2023

Camino Francés – Etappe 19 Reliegos - León, 23 km


Dank der beiden Südkoreaner Kim und Haechan (was soviel bedeutet wie „Sonnenschein“) in meinem 4-Bett-Zimmer, die in ihrem Tun wirklich mit fleißigen Ameisen zu vergleichen sind, bin ich um 5:00 Uhr wach und um 6:00 Uhr startklar. Es ist noch dunkel und sehr windig.


Eine 23 Kilometer lange Etappe wartet heute auf die hier Starteten. Die Strecke führt zunächst über eine Piste nach Mansilla de las Mulas. Reste einer beeindruckenden Stadtmauer begrenzen den mittelalterlichen Ort.

Durchgepustet und ein wenig durchgefroren kehre ich nach 6km zum Pilgerfrühstück in einer Albergue ein und laufe direkt Michele in die Arme. Welch eine Freude, ein positiv verankertes, bekanntes Gesicht. Er ist der letzte Verbliebene meiner „más-idiomas-Camino-Familie“ und nimmt heute wegen seines muckenden Beins den Bus nach León. 


Aufgewärmt und satt geht’s um 8:00 Uhr weiter.

 

Eine ebenfalls mittelalterliche Brücke führt über den Rio Esla, dann geht es für ein kurzes Stück weiter auf der Nationalstraße, bevor der Jakobsweg mit etwas Abstand parallel dazu dementsprechend ruhiger verläuft.

 

Der Weg passiert die Dörfer Villamoros und Puente de Villarente. Eine schönere, längere Alternativroute zur Straße wird angeboten; Auge & Kopf sagen „nimm die Alternative“ - es setzt sich der Grieche durch, der mich seit Tagen begleitet - so bin ich immerhin nicht alleine unterwegs.


Aus Puente de Villarente raus zwei Pilger am Wegesrand beim Versorgen ihrer Blasen. 


Auf dem Weg bei Apfel und Schokolade ploppen gestrige Begegnungen auf:

  • die tolle Herbergsmutter, die bei bestem Wetter Wäsche macht
  • Haechan, der seine Schule beendet hat, Priester werden möchte und dem Gott scheinbar auf dem Camino begegnet ist; ein toller, gesegneter Mensch
  • Chris aus England (Englischlehrer), der gerade sein Leben in Italien hingeschmissen hat, keine Ahnung hat wie es weitergeht und eine 1/4 volle Flasche Schnaps neben seinem Rucksack am Bett stehen hat
  • der überhebliche Schweizer, der seinen 7. Jakobsweg geht und dermaßen auf den Boiler haut, dass er schon in seiner eigenen Schleimspur sitzt - sein heutiger Apfel war dermaßen schlecht, den wollten nicht einmal die Hasen auf dem Feld, in das er ihn geworfen hat; er hat angeblich Geld und bot mir das zweite Bett in seinem Zweibettzimmer an… bevor ich in diesem Sumpf voller Selbstherrlichkeit ausrutsche und mir sämtliche Gesichtszüge entgleisen, mach ich die Fliege und gehe zu meinen Koreanern und Chris zurück in mein Zimmer. 


Das Einlaufen in León ist schlimm. Entlang der Autobahn auf Schotter-Trampelpfaden. Abgase, Krach, Asphalt Blaulicht. 


Es empfiehlt sich, ein wenig länger in León zu verweilen, um die vielen Sehenswürdigkeiten zu besuchen und auch die kulinarischen Seiten der Stadt (zahlreiche gute Tapas-Bars) und ihren Flair auszukosten. 


León ist groß und bisher gefällt mir hier gar nichts. Bin halt kein Stadtmensch, meine Laune geht in den Keller. 


Aber ich gebe dem Ganzen eine Chance und so geht es gleich frisch geduscht in die Innenstadt:


Die gotische Kathedrale von León gilt als einer der schönsten Spaniens. Des Weiteren sind das Museum San Isidoro mit all seinen Schätzen (unter anderem eine Bibliothek mit Büchern aus dem 10. Jahrhundert) und der zugehörigen Basilika San Isidoro mit wunderbaren romanischen Fresken im Pantheon Reál absolut eine Besichtigung wert. Ein weiterer sehenswerter Tipp: Das heutige Parador-Hotel fungierte als Ordenshaus der Santiagoritter San Marcos. Doch auch aus anderen Zeiten finden sich architektonisch glanzvolle Bauwerke: Antoní Gaudi entwarf in León ein Handelshaus im neugotischen Stil, welches heute eine Bank beherbergt.






























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